Wie gelingt der ökologische und sozialgerechte Wandel unserer Gesellschaft?
Neues Forschungszentrum tra:ce der Universität Witten/Herdecke entwickelt und erforscht Antworten auf die Klimakrise.
Die sich kontinuierlich zuspitzende Klimakrise mit weltweit dramatischen Auswirkungen stellt die Menschheit vor eine Jahrhundertherausforderung: die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft. Um diese wissenschaftlich zu begleiten und durch konkrete Handlungsempfehlungen voranzutreiben, hat die Universität Witten/Herdecke (UW/H) das International Center for Sustainable and Just Transformation (tra:ce) gegründet. Das fakultätsübergreifende Forschungszentrum soll als Leuchtturm weit über Witten hinaus in Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik hineinwirken.
„Die Wissenschaft spielt im Umgang mit der Klimakrise eine wichtige Rolle. Der Wandel zu einer nachhaltigen, gerechten Gesellschaft erfordert wissenschaftliche Expertise und die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen, um diese Herkulesaufgabe in ihrer Komplexität und Ganzheitlichkeit erfassen und deren Bewältigung demokratisch gestalten zu können“, beschreibt Initiator und tra:ce-Direktor Prof. Dr. Joscha Wullweber die Herausforderung.
„Unsere Forschung soll dazu beitragen, verantwortungsvolle, nachhaltig orientierte und demokratische Entscheidungen in Zeiten multipler Krisen zu ermöglichen und zu bestärken“, ergänzt Direktoriumsmitglied und Vizepräsidentin Prof. Dr. Petra Thürmann. „Dazu stützen wir uns auf ein breites Netzwerk aus internationalen Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen sowie auf ein großes Bündnis von Praxispartner:innen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und dem Gesundheitssystem.“
Die ersten Forschungsmodule (s.u.) des tra:ce betrachten die Herausforderungen der Klimakrise aus ganz unterschiedlichen Perspektiven: Wie gelingt es, Städte umweltneutral zu gestalten? Wie können lebensmittelproduzierende Unternehmen die Artenvielfalt fördern? Wie kann die Bundesregierung eine nachhaltige Finanzstrategie entwickeln? Und welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Medizin, in der Kunst und auch für die Persönlichkeitsentwicklung? Diese und weitere Fragen sollen künftig unter dem Dach des tra:ce beantwortet werden.
Mitgliedschaft steht auch externen Wissenschaftler:innen offen
Neben Universitätsangehörigen können beim tra:ce projektbezogen auch externe Wissenschaftler:innen sowie Forschungseinrichtungen, Organisationen oder Unternehmen beitreten, die zur sozial-ökologischen Krise forschen.
Geleitet wird das Wittener Forschungszentrum von einem siebenköpfigen Direktorium aus Professor:innen verschiedener Fachrichtungen sowie jeweils einer Vertretung aus dem Kreis der wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der Forschungsadministration und der Studierendenschaft der UW/H. Folgende Personen wurden in der Gründungssitzung in das Direktorium gewählt:
- Prof. Dr. Joscha Wullweber, Heisenberg-Professor für Politische Ökonomie und Transformation
- Prof. Dr. Magdalene Silberberger, Juniorprofessur für Development Economics
- Prof. Dr. Petra Thürmann, Vizepräsidentin für Forschung
- Prof. Dr. Claus Volkenandt, Professur für Kunstwissenschaft & Akademischer Direktor WittenLab. Zukunftslabor Studium fundamentale
- Dr. Andreas Lingg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
- Klarita Nestler, Abteilungsleiterin Forschungsförderung und EU-Drittmittelberatung
- Rebecca Otto, Studentin der Philosophie, Politik und Ökonomik (Bachelor)
Ein wissenschaftlicher Beirat aus Wissenschaftler:innen, Politik:innen, Wirtschaftakteur:innen und Angehörigen Zivilgesellschaft steht dem tra:ce beratend zur Seite. Deren Mitglieder agieren als Sparring-Partner:innen, die die Arbeit des Centers aufgrund ihrer Berufs- und Praxiserfahrung kritisch begleiten, Forschung und deren gesellschaftliche Relevanz reflektieren, politische Empfehlungen mitentwickeln sowie neue Forschungsideen und -projekte anstoßen.
Elf Forschungsmodule beleuchten gesundheitliche, politische und sogar künstlerische Aspekte der sozial-ökologischen Krise
Zum Start wurden unter dem Dach von tra:ce elf Forschungsmodule der Universität zusammengeführt, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln und Fachrichtungen mit der sozial-ökologischen Krise befassen:
- Umweltneutrale Transformation Ruhrregion: Das Transformationsprojekt Urbanzero hat das Ziel, den Hafenstadtteil Duisburg-Ruhrort bis Ende 2029 zum ersten umweltneutralen Quartier der Welt zu machen. Die UW/H begleitet das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Wullweber wissenschaftlich, um verallgemeinerbare Erfolgsbedingungen für nachhaltige und gerechte Transformation zu erarbeiten.
- BioVal - Biodiversity Valuing & Valuation: Ziel von BioVal ist es, zu erforschen, wie negative Auswirkungen der Produktion und des Konsums von Lebensmitteln auf Biodiversität verringert werden und diese stattdessen positive Wirkungen entfalten können. Gemeinsam mit Unternehmen wird eruiert, wie sie zur Förderung von Biodiversität entlang von Produktlebenszyklen beitragen, dies im Management verankern und kommunizieren können. Geleitet wird das Projekt von Dr. Ulrike Eberle.
- Umweltverträglichkeit von Arzneimitteln: Dieses Forschungsmodul unter Leitung von Prof. Dr. Petra Thürmann analysiert die Arzneistoffliste des GK-Medizin im Hinblick auf deren Umweltverträglichkeit und Identifikation möglicher Alternativen.
- Förderung von treibhausgasreduzierenden Technologien in Afrika: Ziel des Moduls unter Leitung von Prof. Dr. Magdalene Silberberger ist es, die Bedingungen und Politiken zu untersuchen, die die Verbreitung von treibhausgasreduzierenden Technologien in Afrika südlich der Sahara stärken und fördern können.
- Nachhaltigkeit durch Kunst: Anliegen des Forschungsmoduls unter Leitung von Prof. Dr. Claus Volkenandt ist es, Nachhaltigkeitsthemen und -bereiche der Künste systematisch zu erschließen und zugleich Nachhaltigkeitsprojekte in künstlerischer Forschung zu stimulieren.
- Nachhaltige Bildung im Medizinstudium: Das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Jan Ehlers untersucht, wie Nachhaltigkeit und Klimamedizin im deutschsprachigen Medizincurriculum bestmöglich verankert werden kann.
- Forschungsmodul Klimafinanzierung (Sustainable Finance): Das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Wullweber zielt darauf ab, erfolgreiche politische Instrumente und Strategien sowie konkrete Empfehlungen zu entwickeln, die den Finanzsektor effektiv hin zu nachhaltigen Investitionen lenken.
- Nachhaltige (Persönlichkeits-)Bildung in der Hochschulbildung: Das Forschungsmodul unter Leitung von Dr. Svenja Hartwig möchte Angebote der Persönlichkeitsentwicklung wissenschaftlich begleiten und Wirkzusammenhänge rund um die Entdeckung und Gestaltung eines nachhaltigen Selbst, auch vor dem Hintergrund der Klimakrise, identifizieren.
- Nicht übertragbare Krankheiten bei Heranwachsenden: EinKonsortium mit Institutionen aus neun Ländern für das EU-Programm Horizont Europa will untersuchen, warum die Entwicklung und Umsetzung globaler und nationaler Strategien trotz zunehmender Belastung durch nicht übertragbare Krankheiten hinterherhinkt. Im Fokus liegt körperliche Aktivität als Strategie zur Risikominderung.
- Ökonomisch-ökologische Topologien: Prinzipiell unersättlich menschliche Bedürftigkeit, endlose natürliche Ausbeutungsoptionen, grenzenlose Innovationskraft – diese Leitbilder organisierten über Jahrhunderte das Raum- und Zeitverständnis der ökonomischen Theorie des Westens. Vor dem Hintergrund der planetaren Grenzen braucht das Denken der Wirtschaft, so die Arbeitshypothese dieses Forschungsmoduls, neue ökonomisch-ökologische Topologien.
Weitere Informationen unter www.uni-wh.de/trace.
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