Strategisch Wählen – ist das sinnvoll?
Prof. Dr. Lukas Stötzer ist Wahlforscher an der Universität Witten/Herdecke und erläutert, unter welchen Umständen eine strategische Wahlentscheidung sinnvoll sein kann.
Strategisch Wählen ist ein Konzept, das bei Wähler:innen immer wieder diskutiert wird, insbesondere bei Bundestagswahlen. Doch wie sinnvoll ist es wirklich, von seiner eigentlichen Präferenz abzurücken, um bestimmte Parteien oder Koalitionen zu unterstützen?
Prof. Dr. Lukas Stötzer ist Experte für Wahlprognosen an der Universität Witten/Herdecke (UW/H). Er erklärt, dass strategisches Wählen in bestimmten Fällen durchaus Sinn ergeben kann: „Wenn man sich für eine kleinere Partei entscheidet, die die 5-Prozent-Hürde definitiv nicht überwinden wird, verschenkt man seine Stimme. In einem solchen Fall kann es sinnvoll sein, auf eine größere Partei auszuweichen, um sicherzustellen, dass die Stimme überhaupt Gewicht im Parlament und für Regierungsmehrheiten hat.“
Durch solche strategischen Wahlentscheidungen kann das Ergebnis der Wahl in bestimmten Fällen spürbar beeinflusst werden. Vor allem im Rennen um die stärkste Partei können größere Parteien wie die SPD oder CDU vor der Wahl nochmal bis zu 3 Prozentpunkte hinzugewinnen.
Stimmensplitting verliert an Bedeutung
Das Stimmensplitting, bei dem Wähler:innen ihre Erst- und Zweitstimme auf verschiedene Parteien aufteilen, verliert laut Stötzer an Bedeutung. 2021 nutzten es noch 24,9 Prozent der Wähler:innen, doch durch die Wahlrechtsreform könnte es dieses Mal problematisch werden.
Diese beinhaltet, dass Direktmandate nicht mehr automatisch einen Sitz im Bundestag garantieren. Entscheidend ist auch die Zweitstimme: Eine Partei kann nur so viele Direktmandate besetzen, wie es ihrem Zweitstimmenanteil entspricht. Wer also seine Zweitstimme anders vergibt als seine Erststimme, könnte ungewollt dazu beitragen, dass Direktkandidat:innen der eigenen Partei im Wahlkreis nicht ins Parlament einziehen, obwohl sie die meisten Erststimmen auf sich vereinen.
Erreicht eine Partei in einem Bundesland etwa 20 Sitze, hat aber 25 Wahlkreise gewonnen, ziehen nur die Kandidat:innen mit den besten Ergebnissen ins Parlament ein. Stötzer sieht deshalb für Anhänger größerer Parteien einen klaren „Anreiz“, beide Stimmen geschlossen abzugeben.
Fotos zum Download
Ansprechpartnerin
Svenja Malessa
Pressereferentin
Administration | Kommunikation & Marketing
Alfred-Herrhausen-Straße 48
58455 Witten
Raumnummer: 2.F05