Seelische Gesundheit in Unternehmerfamilien

Englischer Titel: Mental Health in Entrepreneurial Family (MAIN-ERA)

Projektübersicht

Seelische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung von Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und sozialer Teilhabe. Der Begriff repräsentiert das gesamte Spektrum von Gesundheit, Stress- oder Belastungssymptomen bis hin zu psychischen Störungen. Risiko- und Schutzfaktoren, Ressourcen und Bedürfnisse sowie das Wissen über psychische Störungen und dessen Akzeptanz gelten auf sozialer, psychischer und biologischer Ebene als zentrale Determinanten seelischer Gesundheit.

Die Praxiserfahrung zeigt, dass Unternehmerfamilien durch die Vermischung von Unternehmung und Familie besonderen Herausforderungen ausgesetzt sind, die einen Einfluss auf deren seelische Gesundheit nehmen können. Doch weder zu der Frage, welchen förderlichen oder belastenden Einfluss diese Vermischung auf die seelische Gesundheit der Familienmitglieder hat, noch zu der Verbreitung von möglichen psychischen Störungen in Unternehmerfamilien gibt es wissenschaftlich fundierte Daten.

Aufgrund der steigenden Prävalenz von psychischen Störungen in der Gesamtbevölkerung gehen wir davon aus, dass in Unternehmerfamilien ebenfalls psychischen Belastungssymptome oder psychischen Störungen vorkommen – sei es aktuell oder bereits in der Vergangenheit. Da wir uns über belastende Faktoren hinaus, auch für gesundheitsförderliche Faktoren interessieren, forschen wir auch zu Prozessen, in denen Unternehmerfamilien ihre seelische Gesundheit wahren oder nach Phasen starker psychischer Belastung ihre seelische Gesundheit wiederherstellen konnten.

Übergeordnetes Ziel des Projekts

Das Ziel des interdisziplinären Forschungsprojekts umfasst die empirische Untersuchung der seelischen Gesundheit in Unternehmerfamilien, entlang eines systemischen Verständnisses. In der Literatur liefern beispielsweise systemisch-familientherapeutische Perspektiven, wie das Konzept der Delegationen und der bezogenen Individuation, erste Erklärungsversuche zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Veränderung der seelischen Gesundheit. Mit dem Projekt soll das Feld der seelischen Gesundheit in Unternehmerfamilien für die Forschung geöffnet werden, sodass das eher verschwiegene Thema enttabuisiert und somit Mitgliedern aus Unternehmerfamilien ein Kontext geboten wird, in dem ein offener Austausch über seelische Gesundheit möglich ist.

Ein interdisziplinäres Kooperationsprojekt

Bei dem Projekt handelt es sich um ein Kooperationsprojekt des Wittener Instituts für Familienunternehmen (WIFU) und dem Lehrstuhl für Klinischen Psychologie und Psychotherapie III der Fakultät Gesundheit an der Universität Witten/Herdecke. 

Das Forschungsteam setzt sich zusammen aus 

  • Prof. Dr. Tom Rüsen, Vorstand der WIFU-Stiftung,
  • Prof. Dr. Heiko Kleve, Lehrstuhl für Organisation und Entwicklung von Unternehmerfamilien und Geschäftsführender sowie akademischer Direktor des WIFU,
  • Prof. Dr. Christina Hunger-Schoppe, Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie III, Schwerpunkt Systemische- sowie Familientherapie, Universität Witten/Herdecke
  • Magdalena Wendt, M. Sc., M. A., Klinische Psychologin, Mediatorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt und
  • Philipp Wichelhaus, M. A., Familientherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut i. A. und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt.

Weitere Informationen

Methodisches Vorgehen des Projekts

Das Forschungsprojekt soll das Forschungsthema möglichst allumfassend, über den Zugang unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden untersuchen. In der qualitativen Teilstudie, die von Magdalena Wendt geleitet wird, werden Interviews mit Mitgliedern aus Unternehmerfamilien geführt, um zu analysieren, welche bedeutsamen Erfahrungen zum Thema der seelischen Gesundheit vorliegen. Mithilfe einer repräsentativen Befragung, geleitet von Philipp Wichelhaus, werden in Kooperation mit einem deutschen unabhängigen Meinungsforschungsinstitut anonymisierte Daten erhoben. Die Teilnahme an einer Teilstudie kann völlig unabhängig von der Teilnahme an einer anderen Teilstudie stattfinden und setzt das Mitwirken an einer darauffolgenden Teilstudie nicht voraus.

Ausgewählte Publikationen

  • Hörsting, A-K., & Rüsen, T. (2021). Psychische Störungen in Unternehmerfamilien. FuS, 5, 183-189.
  • Hunger-Schoppe, C. (2021): Systemische Therapie. Göttingen: Kohlhammer.
  • Kleve, H. (2020): Die Unternehmerfamilie. Wie Wachstum, Sozialisation und Beratung gelingen kann. Carl-Auer Verlag.
  • Rüsen, T. (2021). Vom Schatten ins Licht – Tabus der Unternehmerfamilie. FuS, 4, 128-133.
  • Rüsen, T.A., & Hörsting, A-K. (2022). Den psychischen Belastungen in einer Unternehmerfamilie als duales Beraterteam begegnen. Familiendynamik, 47(2), 142-146.
  • Simon, F.B. (2012). Einführung in die Theorie des Familienunternehmens. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.
  • Von Schlippe, A. (2014): Das kommt in den besten Familien vor… Systemische Konfliktbearbeitung in Familien und Familienunternehmen. Bonn: Concadora Verlag.

Projektleitung