Neue Forschungsergebnisse der Uni Witten/Herdecke: Wie gut spüren wir unsere eigenen Gefühle?

Eine Frau guckt verwundert.

Jede:r kennt es: Wir lächeln unbewusst, wenn wir etwas Schönes sehen, oder runzeln die Stirn, wenn wir an etwas zweifeln. Oft reagieren unsere Gesichtsmuskeln auf Emotionen, bevor wir diese bewusst fühlen. Diese unbewussten Reaktionen sind Teil der sogenannten affektiven Bewusstheit, die die Wahrnehmung und Verarbeitung von Gefühlen beschreibt. Wie die affektive Bewusstheit mit psychischen Erkrankungen zusammenhängt, haben Christopher Heine und Prof. Dr. Michael Dufner vom Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik der Universität Witten/Herdecke (UW/H) untersucht. 

Für die Studie haben sie 256 Teilnehmenden 76 emotionale Bilder gezeigt. Die Teilnehmenden bewerteten ihre Gefühle, während ihre Gesichtsmuskeln mittels Elektromyographie (EMG) gemessen wurden. Konkret wurden der Zygomaticus-Muskel (verantwortlich für das Lächeln) und der Corrugator-Muskel (der das Stirnrunzeln auslöst) untersucht.

In einer weiteren Aufgabe sollten die Teilnehmenden anschließend die Gefühle in den Gesichtern anderer Personen erkennen. Das Ergebnis: Menschen bei denen Gefühle und Mimik im stärkeren Einklang sind, erkennen auch besser die Emotionen anderer Menschen. 

Psychische Erkrankungen besser verstehen

„Unsere Forschung zeigt, dass manche Menschen Gefühle besser wahrnehmen“, erklärt Christoph Heine. Gefühle wahrzunehmen bedeutet sie auch besser einordnen zu können –genau das hilft bekanntlich dabei Stress zu reduzieren, Beziehungen zu verbessern und langfristig das psychische Wohlbefinden zu stärken.“ 

Deswegen könnten die Ergebnisse auch helfen, psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen besser zu verstehen. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und zu verarbeiten. Doch wer seine emotionalen Reaktionen gut einordnen kann, trifft häufig gesündere Entscheidungen und reagiert angemessener auf belastende Situationen.

Die Methode aus der Studie könnte weiterentwickelt und in sogenannten neurokognitiven Trainings eingesetzt werden. Das sind Übungen, die Denkprozesse und Wahrnehmung gezielt fördern, zum Beispiel Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder das Verständnis für eigene Gefühle. So ließe sich Patient:innen in der Therapie helfen, ihre emotionalen Reaktionen besser zu erkennen – und ihre psychische Stabilität zu stärken.

Unterschiede zwischen Frauen und Männern

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Frauen zeigten in der Studie tendenziell eine höhere affektive Bewusstheit als Männer. Ob dieser Unterschied biologisch bedingt ist oder mit der Erziehung zu tun hat, bleibt unklar. Die Forscher wollen diese Frage in zukünftigen Studien weiter untersuchen.

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Svenja Malessa

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