Formale Modellierung interpersoneller Prozesse

Projektübersicht

Die Erfassung der Komplexität zwischenmenschlicher Dynamik – die sich aus den Annäherungs- und Vermeidungsmotiven zweier Individuen in dyadischer Interaktion ergibt und sich auf mehreren Zeitebenen simultan entfaltet – ist eine wissenschaftliche Herausforderung. Im Einklang mit der Forderung, die Komplexität in der psychologischen Forschung durch formale Modellierung zu erfassen, ist es das Ziel dieses Projekts, die zugrundeliegenden Mechanismen der Entstehung und Aufrechterhaltung von zwischenmenschlichen Beziehungen mit Hilfe der evolutionären Spieltheorie zu untersuchen.

Nach der Formalisierung interpersoneller Situationen auf der Grundlage der affiliativen Motive der Interaktionspartner wurde ein relationaler Zustandsraum konstruiert, der die Beziehungsmöglichkeiten widerspiegelt, die den Interaktionspartnern im momentanen Zustand ihrer zwischenmenschlichen Beziehung zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht die Modellierung der Entwicklung einer zwischenmenschlichen Beziehung als eine Kurve durch den relationalen Raum, deren Weg durch positive und negative Verstärkung bestimmt wird.

Abhängig von den Motiven beider Interaktionspartner ergeben sich drei qualitativ unterschiedliche interpersonelle Dynamiken: (1) globale Stabilität mit nur einem Beziehungsattraktor (z.B. eine interpersonelle Beziehung reiner Freundlichkeit auf lange Sicht), (2) Bistabilität mit zwei sich gegenseitig ausschließenden Beziehungsattraktoren (z.B. entweder pure Freundlichkeit oder pure Distanz) und (3) Zyklizität mit periodischen Bahnen im Beziehungsraum (z.B. Oszillation zwischen Freundlichkeit und Distanz). Das formale Modell, das sich auf empirisch gestützte psychologische Konstrukte stützt, erzeugt das bekannte Muster der interpersonellen Komplementarität. Darüber hinaus haben sich neue interpersonelle Muster ergeben, die auf einige zugrundeliegende Mechanismen der interpersonellen Aufrechterhaltung von Psychopathologie hinweisen könnten.

Weitere Informationen

  • Kooperationspartner: Dr. Sven Banisch, KIT Karlsruhe
  • Publikationen: Westermann, S., & Banisch, S. (2024). A formal model of interpersonality. Clinical Psychological Science. doi:10.1177/21677026241229663
     

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