Finanzielle Belastung durch Krebserkrankung: Uni Witten/Herdecke fordert Lösungen zur Unterstützung von Betroffenen
Prof. Dr. Eva Münster forscht zum Thema Überschuldung an der Universität Witten/Herdecke. Zum Weltkrebstag (04.02.2025) fordert sie gezieltere Hilfestellungen für Betroffene.
Krebspatient:innen in Deutschland kämpfen nicht nur mit der Krankheit selbst, sondern auch mit der finanziellen Belastung, die diese mit sich bringt. Rund 80 % der Krebspatient:innen sind durch Zuzahlungen für Medikamente und den krankheitsbedingten Arbeitsausfall in erheblichem Maße finanziell belastet. Dieses Phänomen, bekannt als „finanzielle Toxizität“, gefährdet nicht nur die Lebensqualität, sondern kann auch zu Überschuldung führen.
Forschung zur Prävention finanzieller Toxizität
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) setzt sich aktiv dafür ein, Lösungsansätze zur Prävention dieser finanziellen Krise zu erarbeiten. Prof. Dr. Eva Münster, Inhaberin der Professur für Allgemeinmedizinische Versorgungsforschung in vulnerablen Bevölkerungsgruppen vom Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag) an der UW/H, hat dazu den interprofessionellen Forschungsantrag „Handlungsansätzen zur Prävention von finanzieller Toxizität bei Krebserkrankungen in Deutschland“ bei der Deutschen Krebshilfe eingereicht.
„Wir möchten untersuchen, wie wir Betroffene besser unterstützen können, um die doppelte Belastung zu vermeiden“, so Münster. „Wir müssen als Gesellschaft die finanziellen Aspekte von Krebserkrankungen stärker in den Fokus rücken und präventive Maßnahmen entwickeln.“
Ansätze aus der Überschuldungsforschung
Ergebnisse aus der Überschuldungsforschung zeigen, dass dafür sowohl Verhaltensprävention als auch strukturelle Veränderungen erforderlich sind. So könnten etwa spezielle Kursangebote entwickelt werden, die Krebspatient:innen helfen, sich trotz finanzieller Einschränkungen gesund zu ernähren oder Strategien zur finanziellen Stabilisierung in schwierigen Zeiten zu erlernen. Ebenso wichtig ist eine bessere Aufklärung über Patient:innenrechte, etwa über die Möglichkeit, sich von medizinischen Zuzahlungen befreien zu lassen oder Härtefallregelungen zu beantragen.
„Ein weiterer entscheidender Ansatz liegt in der frühzeitigen Einbindung von sozialer Schuldnerberatung“, erklärt Münster. Während in der Schweiz bereits eine präventive Budgetberatung existiert, wird in Deutschland oft erst bei massiven Schulden interveniert. „Es wäre wünschenswert, dass bereits bei ersten finanziellen Unsicherheiten Beratungsmöglichkeiten bestehen.“ Zudem müsse das System angepasst werden: Derzeit orientiert sich die Härtefallregelung ausschließlich am Haushaltseinkommen – bestehende Schulden werden nicht berücksichtigt.
Neben strukturellen Veränderungen sei auch ein Bewusstseinswandel in der Gesellschaft und bei medizinischem Fachpersonal erforderlich. „Viele wissen nicht, dass eine schwere Erkrankung in Deutschland zu einer finanziellen Notlage führen kann – das ist nach wie vor ein großes Tabuthema“, betont Münster. Ziel der Forschung sei es daher nicht nur, Maßnahmen zu entwickeln, sondern auch das Bewusstsein für die finanziellen Folgen von Erkrankungen wie Krebs zu schärfen.
Weitere Informationen:
Der interprofessionellen Forschungsantrag „Handlungsansätzen zur Prävention von finanzieller Toxizität bei Krebserkrankungen in Deutschland“ wurde in Zusammenarbeit von weiteren Expert:innen des iamag der UW/H, der Hochschule RheinMain, dem Institut für Finanzdienstleistungen e.V. und der Hochschule für angewandte Wissenschaft Kempten eingereicht.
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