Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin

Behandlung, Prävention und Zahnerhaltung von Patient:innen mit Behinderung

In Deutschland leben nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund acht Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten schweren Behinderung. Jedoch wirken sich nicht alle Formen der Behinderung auf die Mundgesundheit aus. Dies ist erfahrungsgemäß nur der Fall, wenn die Behinderung dazu führt, dass eine oder mehrere der nachfolgend aufgeführten Situationen vorliegen:

  • es ist keine ausgewogene Ernährung möglich,
  • die Kaufunktion ist aus verschiedenen Gründen stark eingeschränkt,
  • die eigenverantwortliche Mundhygiene ist stark erschwert,
  • die Kooperation bei der zahnärztlichen Behandlung ist stark beeinträchtigt,
  • die natürliche Schutzfunktion des Speichels ist nicht mehr gewährleistet.

Unsere Therapie steht im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2006. Im Paragraph 25 wird dort gefordert, dass „Angehörige der Gesundheitsberufe Menschen mit Behinderung eine medizinische Versorgung von gleicher Qualität wie Menschen ohne Behinderung zukommen lassen und dass sie ihnen eine erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard wie Personen ohne Behinderung zur Verfügung stellen“.

Wir sehen den Schwerpunkt unserer Tätigkeit darin, die Prävention von Karies, Entzündungen des Zahnfleisches (Gingivitis oder Parodontitis) oder Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich bei Patient:innen mit Behinderung in allen Altersgruppen zu fördern. Dies können wir in vielen Fällen nur in Zusammenarbeit mit den Personen erreichen, die bei Bedarf die Patient:innen mit Behinderung unterstützen, zum Beispiel Eltern, Familienangehörige, Bezugsbetreuer:innen oder rechtliche Vertreter:innen.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist die Früherkennung und Frühbehandlung von Erkrankungen im Mund- und Zahnbereich. Unser dringender Wunsch ist es, dass unsere Patient:innen ihre Zähne möglichst ein Leben lang behalten. Deshalb führen wir neben der Prävention in erster Linie Maßnahmen durch, die der Erhaltung der Zähne dienen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Patient:innen mit Behinderung regelmäßig einem Zahnarzt oder einer Zahnärztin zur Vorsorge und Früherkennung vorgestellt werden, und nicht erst dann, wenn Beschwerden vorliegen.

Lehrstuhlinhaber

Porträt eines Mannes

Prof. Dr.

Joachim Jackowski

Lehrstuhlinhaber

Fakultät für Gesundheit (Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde)  |  Lehrstuhl für Zahnärztliche Chirurgie und Poliklinische Ambulanz

Kommissarischer Lehrstuhlinhaber

Fakultät für Gesundheit (Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde)  |  Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin

Alfred-Herrhausen-Straße 44
58455 Witten

Raumnummer: 12

Informationen für Patient:innen

Die Leistungen umfassen: 

  • Maßnahmen, um das Vertrauen des Patient:innen zu gewinnen
  • Befunderhebung, Diagnosestellung und Therapieplanung
  • regelmäßige gründliche Zahnreinigungen durch unser Fachpersonal
  • Beratungen zu vorbeugenden (=präventiven) Maßnahmen
  • Durchführung präventiver Maßnahmen
  • Beratungen zur Durchführung von präventiven Maßnahmen zu Hause
  • Restauration von kariösen Defekten mit modernen Materialien, zum Beispiel mit speziellen        Zahnkunststoffen (Komposit)
  • Restaurationen von Defekten, die aufgrund eines Traumas (Sturz, Unfall) entstanden sind, mit modernen Materialien (zum Beispiel Komposit)
  • Wurzelkanalbehandlungen
  • Parodontaltherapie
  • Prothetische Therapie (zum Beispiel Kronen, Brücken, herausnehmbarer Zahnersatz)
  • Implantate (gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Fachabteilung für Oralchirurgie)
  • kieferorthopädische Beratungen in Zusammenarbeit mit der Fachabteilung für Kieferorthopädie

Wir werden immer wieder gefragt, ob wir die Möglichkeit haben, Patient:innen in Allgemeinanästhesie, das heißt unter Vollnarkose, zu behandeln. Tatsächlich können wir die meisten Patient:innen, die unsere Abteilung aufsuchen, im Wachzustand behandeln. Wenn dies aber nicht möglich ist, können wir in Absprache mit einem der Fachärzte oder einer der Fachärztinnen für Anästhesie, die die Narkosen in unserer Klinik durchführen, eine zahnärztliche Behandlung unter Vollnarkose durchführen. In diesen Fällen stimmen wir uns außerdem mit dem Haus- oder Kinderarzt beziehungsweise mit der Haus- oder Kinderärztin ab. Derzeit können wir Behandlungen in Narkose nur unter ambulanten Bedingungen durchführen. Eine stationäre Aufnahme ist in der Zahnklinik der Universität Witten/Herdecke momentan nicht möglich.

Die Terminvergabe für eine Behandlung kann telefonisch unter der Nummer +49 2302 926-600 erfolgen.
E-Mail: bozm@uni-wh.de

Wir bieten auch eine studentische Behandlung am Samstag an. Für Termine und weitere Informationen können Interessierte sich an samstagsbehandlung@uni-wh.de wenden.

Forschung

Die Abteilung für Behindertenorientierte Zahnmedizin hat eine Reihe von Forschungsschwerpunkten. Sie kooperiert mit verschiedenen Institutionen, zum Beispiel mit Gesundheitsämtern in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie mit Special Olympics Deutschland. Ziel der Forschung ist es, einen Überblick über die Mundgesundheit von Menschen mit Behinderung und über die zahnärztliche Versorgung dieser Personengruppe zu erhalten. Damit sollen gezielt präventive Maßnahmen entwickelt werden und in der zahnärztlichen Praxis sowie im öffentlichen Gesundheitsdienst zum Einsatz kommen. Zudem untersuchen wir, welche zahnärztlichen Therapien modifiziert werden müssen, um sie bei Patient:innen mit Behinderung anwenden zu können.

Aktuelle Forschungsprojekte

  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit der Gesamtgruppe von Kindern und Erwachsenen mit geistiger Behinderung und/oder Mehrfachbehinderung
  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit von Menschen mit Down-Syndrom, Cerebralparesen oder Störungen aus dem Autismus-Spektrum
  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit mit syndromalen Erkrankungen (z. B. Rett-Syndrom, Angelman-Syndrom)
  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit mit seltenen Erkrankungen
  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit von Menschen mit starker Sehbehinderung
  • Erhebung von Daten zur Mundgesundheit von Menschen mit Sjögren-Syndrom
  • Evaluation von präventiven Maßnahmen zur Verbesserung der Mundgesundheit von Menschen mit Behinderung
  • Klinische Untersuchungen zur zahnärztlichen Therapie in Allgemeinanästhesie
  • Klinische Untersuchungen zur prothetischen Therapie bei Menschen mit Behinderung
  • Klinische Untersuchungen zur endodontologischen Therapie bei Patient:innen mit Behinderung
  • Wissenschaftliche Evaluation und Auswertung von Routinedaten
  • Wissenschaftliche Evaluation der Effektivität der universitären Lehre in Behindertenorientierter Zahnmedizin
Grafik von zwei Aufsätzen, abstrakt dargestellt, auf grünem Hintergrund

Publikationen

Alle Publikationen des Lehrstuhls für Behindertenorientierte Zahnmedizin werden nach und nach in der Hochschulbibliographie erfasst.

Hochschulbibliographie

Lehre

Die Zahnklinik der Universität Witten/Herdecke ist die einzige Universitäts-Zahnklinik in Deutschland mit einem Lehrstuhl und einer Abteilung für Behindertenorientierte Zahnmedizin. Damit haben diejenigen, die hier das Fach Zahnmedizin studieren, das Privileg, vom ersten Semester an zu erfahren, wie sie als Zahnärzt:innen auf die spezifischen Belange von Patient:innen mit Behinderung oder spezieller Beeinträchtigung eingehen. Dabei steht eine präventionsorientierte Zahnmedizin im Vordergrund. Ihr Ziel ist es, möglichst alle Zähne ein Leben lang zu erhalten. 

Die Lehre in unserem Fach besteht aus Vorlesungen, Seminaren und Pflicht-Praktika. Die Seminare und Vorlesungen in „Behindertenorientierter Zahnmedizin“ bieten wir über alle Studienjahre hinweg an, beginnend vom 1. Semester bis zum Staatsexamen. Die Studierenden, die im dritten Fachsemester sind, durchlaufen in der Berufsfelderkundung ein Praktikum mit derzeit fünf Schwerpunkten. Es ermöglicht ihnen, einen fundierten Einstieg in die speziellen Aspekte der Kommunikation und in den Umgang mit Menschen mit unterschiedlicher Art von Behinderung zu bekommen, zum Beispiel starke Seh- oder geistige Behinderung, spastische Lähmungen oder starke Gehbehinderung.

Dadurch werden die Studierenden frühzeitig auf die klinischen Praktika vorbereitet. In erster Linie assistieren hier die Studierenden bei der Behandlung von Patient:innen mit Behinderung. Sie können beobachten, wie die Zahnärzt:innen der Abteilung für Behindertenorientierte Zahnmedizin sich das Vertrauen ihrer Patient:innen erwerben, diese untersuchen und danach eine Diagnose stellen sowie einen Therapieplan festlegen.

Zwei Personen lesen ein Textdokument.

Die Studierenden erleben ferner, wie wichtig regelmäßige gründliche Zahnreinigungen sind und wie man sie durchführt. Ein besonderes Anliegen der Mitarbeitenden der Abteilung für Behindertenorientierte Zahnmedizin ist es, die Bezugsbetreuer:innen von Patient:innen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung so zu schulen, dass sie eine gründliche unterstützende Mundhygiene durchführen können.

Die Studierenden können zudem mitverfolgen, wie eine Füllung gelegt, eine Parodontalbehandlung durchgeführt sowie Zahnersatz angefertigt wird.

Bei einigen Patient:innen mit Behinderung lässt es sich nicht vermeiden, die zahnärztliche Behandlung in Allgemeinanästhesie, das heißt unter Vollnarkose, durchzuführen. Die Studierenden assistieren bei dieser Art von zahnärztlicher Behandlung.

Ein besonderer Schwerpunkt in der studentischen Ausbildung im klinischen Abschnitt liegt auch in der aufsuchenden zahnmedizinischen Betreuung und Versorgung von Patient:innen mit schwerer Behinderung. Deshalb begleiten die Studierenden in Praktika die Mitarbeitenden der Abteilung und des Lehrstuhls zur Außenstelle der Hochschulambulanz (in der Lebenswelt für Menschen mit Behinderungen aller Altersgruppen).  

Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin