Department für Psychologie und Psychotherapie
Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie
Adaptive Mechanismen der Informationsverarbeitung
Am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie beschäftigen wir uns mit der Verarbeitung und Repräsentation von relevanten und irrelevanten Informationen im Gedächtnis. Ein wesentlicher Fokus unseres Forschungsprogramms ist die systematische Untersuchung und Beschreibung von adaptiven Mechanismen der Distraktorverarbeitung (statistisches Lernen, Habituation, kognitive Kontrolle). Wir kombinieren klassische experimentelle und neurophysiologische Methoden, um herauszufinden, wie das kognitive System auf Basis von Regelmäßigkeiten in der visuellen und akustischen Umwelt ein prädiktives Modell der nahen Zukunft entwirft und auf Verletzungen dieser Regelmäßigkeiten reagiert.
Lehrstuhlinhaber
Univ.-Prof. Dr.
Jan Philipp Röer
Lehrstuhlinhaber
Fakultät für Gesundheit (Department für Psychologie und Psychotherapie) | Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie
Alfred-Herrhausen-Straße 44
58455 Witten
Raumnummer: 1.124d
Forschung
Arbeitsgedächtnis und auditive Ablenkung
In jeder Sekunde verarbeiten wir eine Vielzahl von Reizen, von denen nur ein Bruchteil für unsere aktuellen Aufgaben und Ziele relevant ist. Die Verarbeitung von irrelevanten visuellen Reizen können wir effektiv unterdrücken, indem wir wegschauen oder die Augen schließen. Im auditiven System gibt es keine vergleichbare Möglichkeit der Unterdrückung, was dazu führt, dass Lärm und unerwünschte Geräusche das Potenzial haben, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und uns abzulenken. Am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie interessieren wir uns für die kognitive Modellierung von Merkmalen, die für die Störwirkung verantwortlich sind, um zwischen kontrollierbaren und unkontrollierbaren Aspekten der Verarbeitung von irrelevanten Informationen im Arbeitsgedächtnis zu unterscheiden.
Selektive Aufmerksamkeit
Die erfolgreiche Umsetzung aktueller Aufgaben und Ziele erfordert die Beachtung von relevanten Informationen und das Ignorieren von irrelevanten Informationen. Umfangreiche Untersuchungen belegen, dass es älteren Personen häufig schwerer fällt, die Verarbeitung von irrelevanten Informationen zu unterdrücken. Mit unserer Forschung möchten wir dazu beitragen, besser zu verstehen, ob ein allgemeines Defizit in der inhibitorischen Aufmerksamkeitskontrolle für die altersbezogene Unterschiede verantwortlich ist oder ob die Leistungsabnahme von der Modalität und Art der Reizdarbietung abhängt. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass Altersunterschiede vor allem dann zu erwarten sind, wenn Ziel- und Distraktorreize in derselben Modalität präsentiert werden, während crossmodale selektive Aufmerksamkeitsprozesse bis ins hohe Alter erhalten bleiben.
Big Team Science
Offene Wissenschaft ist ein Thema, das uns am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie ganz besonders am Herzen liegt. Neben Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz und Reproduzierbarkeit in unserer Forschung (Präregistrierungen, Open Data, Open Materials), beteiligen wir uns regelmäßig an internationalen Kooperationsprojekten zur Replizierbarkeit von psychologischen Befunden und metawissenschaftlichen Fragestellungen. Wir sind Teil des Psychological Science Accelerators und des Frameworks for Open and Reproducible Research Training. Aktuelle Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Psychologie der Nachhaltigkeit, Fehlinformationseffekten sowie der öffentlichen Wahrnehmung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Cocktailparty-Phänomen
Das Cocktailparty-Phänomen ist ein klassischer Befund in der kognitiven Psychologie und bezeichnet die Aufmerksamkeitsablenkung durch den eigenen Namen. Beim Zustandekommen des Phänomens spielt die Arbeitsgedächtniskapazität eine wichtige Rolle. Versuchspersonen mit niedriger Kapazität bemerken häufiger ihren eigenen Namen und machen kurz nach der Präsentation mehr Fehler in einer Beschattungsaufgabe als Versuchspersonen mit hoher Arbeitsgedächtniskapazität. Ab welchem Alter das Cocktailparty-Phänomen bei Kindern zu beobachten ist, wurde bislang noch nicht systematisch untersucht. Defizite bei der Aufmerksamkeitssteuerung legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit, den eigenen Namen zu bemerken, mit dem Alter der Kinder zunimmt. Altersbezogene Unterschiede bei der Arbeitsgedächtniskapazität erscheinen eher mit dem gegenteiligen Befundmuster vereinbar.
Visuelle Suche
Die Suche nach einem Zielreiz in der visuellen Umwelt ist ein alltägliche Aufgabe in der realen Welt und ein klassisches Paradigma, um visuelle Aufmerksamkeitsprozesse im Labor zu untersuchen. Dazu werden mehrere visuelle Reize auf dem Computerbildschirm präsentiert und die Aufgabe der Versuchspersonen besteht darin, so schnell wie möglich anzugeben, ob ein bestimmter Zielreiz vorhanden ist oder nicht. Reaktionszeit und Genauigkeit hängen typischerweise von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Ähnlichkeit von Ziel- und Distraktorreizen und der Anzahl an visuellen Reizen auf dem Bildschirm. Am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie untersuchen wir den Einfluss von Aufgabenunterbrechungen auf die visuelle Suchleistung und die Bedingungen, unter denen Top-Down-Verarbeitungsprozesse dazu beitragen können, die Unterbrechungskosten zu reduzieren.
Publikationen
Alle Publikationen des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie der UW/H sind in der Hochschulbibliographie zusammengefasst.
Lehre
Im Bachelor-Studiengang Psychologie vertreten wir das Fachgebiet Allgemeine Psychologie in interaktiven Vorlesungen, Seminaren und praktischen Übungen. Im Master-Studiengang Psychologie mit dem Schwerpunkt klinische Psychologie und Psychotherapie sind wir vor allem in der psychologischen Grundlagenvertiefung aktiv. Im Zentrum unserer Veranstaltungen steht die Frage, wie Menschen Informationen aufnehmen, verarbeiten, speichern und abrufen. Klassische allgemeinpsychologische Themen sind Wahrnehmung, Sprache, Aufmerksamkeit, Lernen, Gedächtnis, Denken, Entscheiden, Motivation und Emotion. In unseren POL-Veranstaltungen arbeiten die Studierenden selbstständig und reflexiv in Kleingruppen an der Lösung von zentralen Problemstellungen.
Das Team des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie
Lejla Alikadic
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Fakultät für Gesundheit (Department für Psychologie und Psychotherapie) | Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: 1.124
Stefanie Richthofer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Fakultät für Gesundheit (Department für Psychologie und Psychotherapie) | Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie
Angela Hölscher
Sekretariat
Fakultät für Gesundheit (Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) | Lehrstuhl für Parodontologie
Alfred-Herrhausen-Straße 44
58455 WittenRaumnummer: 2.191
Studentische Mitarbeiter:innen
- Franca Grafe
- Sofia Meißner
- Emily Seeligmüller