Entscheidungsfindung im Krankenhausmanagement (2013 - 2016)

Projektübersicht:

Die bundesdeutschen Krankenhäuser erfahren zurzeit einen tief greifenden Wandlungsprozess. Zum einen hat sich mit den im Januar 2003 eingeführten Diagnose Related Groups (DRG) die Form der Leistungsabrechnung grundlegend geändert: Nicht mehr die Liegezeit, sondern die Fallpauschale wird zum primären Finanzierungsmodus. Zum anderen finden – oftmals verbunden mit der Privatisierung der Häuser – Konzepte moderner Unternehmensführung (EDV gestütztes „Controlling”, „Outsourcing” und Zentralisierung von wichtigen Betriebsfunktionen) Eingang in den Krankenhausalltag. Diese Prozesse verändern nicht nur die Kontexte ärztlichen Handelns, sondern beeinflussen in nicht unerheblicher Weise auch das Krankenhausmanagement.

Insgesamt wurden 71 Experteninterviews geführt und transkribiert, unter anderem mit der Verwaltungsleitung, dem Geschäftsführer, der Pflegedienstleitung und der ärztlichen Leitung der verschiedenen Häuser sowie mit Chefärzten einer internistischen sowie einer chirurgischen Abteilung. In einigen Häusern konnten teilnehmende Beobachtungen in den Leitungssitzungen durchgeführt werden. Mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse lässt sich global für alle Krankenhäuser feststellen, dass diese in Hinblick auf ihre gegenwärtigen Umweltbeziehungen unter verschiedenen Graden von Stress stehen. Vorrangig erscheint dabei der existenzielle ökonomische Druck, der sich aus der Anreizstruktur des DRG-Systems in Kombination mit den globalen politischen Vorgaben ergibt.

Dementsprechend versucht das Management gerade hier steuernd einzugreifen. Folgende prominente Angriffspunkte sind in diesem Kontext zu nennen: Neue strategische Positionierungen über neue Leistungsangebote und Schwerpunktsetzungen, Fallzahlausweitung über gezieltes Einweiser-Management, Versuche Patienten zu binden, aber auch Profilierungen in künftig lukrativ erscheinen-den Feldern (z.B. als gerontologisches Schwerpunktkrankenhaus). Darüber hinaus zeigen sich aber auch Versuche, die Konkurrenz zu anderen Häusern durch Absprachen, Monopolbildung und Kooperationen mit dem ambulanten Bereich zu unterlaufen. Insbesondere die (Landes-)Politik und die Krankenkassen erscheinen dabei tendenziell mehr als Gegner denn als Partner, den man entsprechend – auch mit Hilfe juristischer Spitzfindigkeiten – auszutricksen hat.

In Hinblick auf die Binnenverhältnisse des Krankenhauses stellt sich übergreifend die Herausforderung, unter Knappheitsbedingungen (etwa reduziertem Pflegepersonal) mit der hoch verdichteten Arbeit zurrechtzukommen, sowie darüber hinaus das Personal dazu zu motivieren, die vom Management aus ökonomischen Gründen für notwendig erachteten Prozesse und Strategien aktiv zu unterstützen. Beispielsweise werden Chef- und Oberärzte aufgefordert, ihre Kontakte zu ambulanten Einweisern zu intensivieren und/oder zu pflegen, oder von Pflegekräften die Bereitschaft abgefordert, sich nach Zusammenlegung von Abteilungen in fremde Gebiete einzuarbeiten.

Wenngleich die genannten »Innen- und Außenspannungen« (Rohde 1974) in allen Häusern unseres Samples anzutreffen sind, zeigen sich unterschiedliche Formen der Bearbeitung ebendieser durch das Management. Typologisch zeigen sich dabei insbesondere Unterschiede in der Motivationsstruktur, der Art und Weise, wie die unterschiedlichen Berufsgruppen in das Management eingebunden sind, und der Form der strategischen Positionierung des Hauses.

Ansprechpartner*innen:
Prof. Dr. Werner Vogd, Martin Feißt