Masterarbeit von Annekathrin Hempel zeigt, dass Pflegefachkräfte für die Behandlung von Personen nach geschlechtsangleichenden Operationen nicht ausreichend geschult werden.
Wie steht es um die Versorgung von trans Personen in der Pflege? Welche Erfahrungen haben Pflegende im Umgang mit Patient:innen nach geschlechtsangleichenden Operationen im Krankenhaus gemacht? Diese Fragen hat Pflegewissenschaftlerin Annekathrin Hempel in ihrer Masterarbeit an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) erforscht und daraus fünf Handlungsempfehlungen für Pflegende abgeleitet.
Die Anzahl der geschlechtsangleichenden Operationen in Deutschland ist von 883 im Jahr 2012 auf 2598 im Jahr 2021 angestiegen. Diese Entwicklung spiegelt die wachsende Sichtbarkeit und Anerkennung von trans Personen in der Gesellschaft wider. Doch die Pflege hinkt hinterher und muss beim Umgang und der Versorgung von trans Patient:innen dringend aufholen, zeigt die Masterarbeit.
Zahlreiche Wissenslücken und Unsicherheiten bei Pflegenden
Für ihre Arbeit hat Hempel fünf leitfadengestützte Interviews mit Pflegenden durchgeführt. Alle Befragten waren mindestens 2 Jahre in ihrem jeweiligen Fachbereich tätig. Die Ergebnisse zeigen, dass Pflegekräfte im Umgang mit trans Personen beispielsweise im Rahmen der Ausbildung nicht ausreichend geschult werden:
1. Ausbildung anpassen
Aktuell werden geschlechtsangleichende Operationen in der Pflegeausbildung nur oberflächlich angerissen. Um dem gerecht zu werden und zukünftige Pflegefachkräfte besser auf die spezifischen Bedürfnisse von trans Personen vorzubereiten, sollten Ausbildungsinhalte aktualisiert und erweitert werden.
2. Fort- und Weiterbildung ausbauen
Der Mangel an spezialisierten Weiterbildungen und klaren Handlungsanweisungen erschwert den Pflegealltag. Hier bedarf es gezielter Schulungen, z. B. in Gesprächsführung oder zu psychischen Belastungen, um die Kompetenz im Umgang mit trans Patient:innen zu stärken.
3. Spezialisierung fördern
Mit der Zunahme geschlechtsangleichender Operationen steigt der Bedarf an spezialisierten Pflegekräften. Annekathrin Hempel schlägt vor, spezielle Rollen wie eine „trans Nurse“ einzuführen oder „Advanced Practice Nurses“ für eine qualifizierte Versorgung auf Stationen zu integrieren.
4. Psychologische Unterstützung integrieren
Die erfolgreiche Integration von Psycholog:innen in Onkologie-Teams zeigt, wie wertvoll psychologische Betreuung ist. Eine ähnliche Integration in die Betreuung von trans Patient:innen könnte deren psychisches Wohlbefinden signifikant verbessern.
5. Pflegekonzepte aktualisieren
Pflegekonzepte, beispielsweise Krohwinkel (1993), basieren auf einer binären Geschlechtersicht und Geschlechtsidentität. Dabei wird die Geschlechtsidentität vieler Patient:innen nicht berücksichtigt. Bisherige Konzepte müssen überarbeitet werden und sich ändernden Geschlechtsidentitäten anpassen.
Fazit
Die vorgeschlagenen Maßnahmen reflektieren einen dringenden Handlungsbedarf in der Pflege von trans Personen. Es geht nicht nur darum, Wissen und Fähigkeiten zu erweitern, sondern auch darum, Strukturen und Konzepte grundlegend zu überdenken und anzupassen.
Weitere Informationen: Der Master-Studiengang Pflegewissenschaft (M. Sc.) an der Universität Witten/Herdecke qualifiziert Pflegeexpert:innen für führende Positionen in Forschung und Praxis. Die Bewerbungsfrist für das nächste Wintersemester endet am 31. Juli 2024.
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