Klimawandel und globale Finanzen am Scheideweg

Politische Herausforderungen, politisch-ökonomische Dynamik und nachhaltige Transformation

Projektübersicht

Die Menschheit steht vor einer Jahrtausendherausforderung: die Transformation von Staat, Industrie und Gesellschaft in Richtung Null CO2-Emissionen in den nächsten 20 bis 30 Jahren. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Der Finanzsektor tut sich jedoch schwer damit, Finanzströme in nachhaltige Investitionen zu lenken. Obwohl das Risiko extrem hoch ist, dass CO2-intensive Anlagen in den kommenden Jahren einen Großteil ihres Wertes verlieren werden, erwirtschaften sie kurzfristig immer noch zu viel Gewinn, als dass die Finanzakteure nicht weiterhin in großem Umfang in sie investieren würden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Behörden und die Zivilgesellschaft Anreizstrukturen und Regulierungskorridore schaffen, um die Finanzindustrie wirksam zu motivieren, ihre Bemühungen um Lösungen zu verstärken, die die Ursachen des Klimawandels begrenzen.

Ein solcher Wandel lässt sich jedoch nicht einfach durch die Umlenkung einiger weniger Investitionen oder die Entwicklung einer Reihe neuer Technologien erreichen. Im Bereich der Klimagovernance und der globalen Finanzen haben wir es mit einem komplexen kollektiven Handlungsproblem zu tun, das dringend eine enge Koordinierung der Bemühungen zwischen und unter einer Vielzahl von Akteuren und Institutionen erfordert, darunter Zentralbanken, Regierungen und ihre Ministerien, die verschiedenen Akteure des Finanzsektors, die Zivilgesellschaft, die internationale Forschungsgemeinschaft und internationale Regulierungsbehörden. Gerade weil die Klimapolitik und die Maßnahmen, die zu einer nachhaltigen Finanzierung führen, so komplex sind, ist der Bereich, in dem sie gestaltet werden, so schwierig zu regulieren und zu koordinieren.

Politische Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels können nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich auf einen starken, nachhaltig orientierten Finanzsektor stützen können. Studien haben in überwältigender Weise gezeigt, dass eine Änderung des Investitionsverhaltens nicht auf Funktionalitäten, sondern vielmehr auf wirtschaftlichem Interesse, gewinnmaximierendem Verhalten, sozialem Druck und politisch-ökonomischen Strukturen beruht. Das verfügbare Wissen darüber, wie Finanzakteure reguliert und Anreize geschaffen werden können, um zu einer nachhaltigeren Finanzwirtschaft überzugehen, ist jedoch sehr begrenzt. Das Forschungsprojekt wird darauf hinarbeiten, eine breitere, tiefere und differenziertere Analyse genau dieser Frage anzubieten. Insgesamt wird es zu einem tieferen Verständnis des Zusammenspiels und der reflexiven Dynamik zwischen dem Finanzsektor einerseits und staatlichen Stellen, Zentralbanken und der Zivilgesellschaft andererseits sowie der Auswirkungen, Implikationen und Wirksamkeit staatlicher Politik und Regulierung auf das Investitionsverhalten führen. Auf diese Weise werden die Forschungsergebnisse zur Entwicklung eines fundierteren Rahmens für die Umstrukturierung des Finanzsektors in Richtung nachhaltiger Finanzen beitragen. 

Ziel des Projekts

(a) einen interdisziplinären und methodenübergreifenden Analyserahmen zu entwickeln, der geeignet ist, die Zusammenhänge zwischen dem Finanzsektor und dem Klimawandel zu untersuchen,

(b) die Anwendung dieses Rahmens zur Gewinnung, Aufbereitung und Analyse der in diesem Zusammenhang relevanten Daten

(c) die interne Finanzmarktdynamik und die Reaktionsfähigkeit der Finanzakteure in Bezug auf (c1) Regulierungen, (c2) Klima-/Finanzpolitik, (c3) Geldpolitik und (c4) zivilgesellschaftliche Forderungen und Kampagnen zu bewerten,

(d) die Wechselwirkungen und die Reflexivität jedes dieser Bereiche mit- und untereinander zu untersuchen und auf der Grundlage der voraussichtlichen Ergebnisse 

(e) realistische Vorschläge für politische Instrumente und Strategien zu erarbeiten, die Anreize für den Finanzsektor in Richtung nachhaltiger Investitionen schaffen sollen, und

(f) konkrete Politikempfehlungen (Policy Mixes) zu geben, wie der Übergang zu einem kohlenstoffarmen Finanzsystem beschleunigt werden kann.

Das Projekt ist in vier Arbeitspakete (WPs) gegliedert:

AP 1: Finanzielle Akteure und Logik der nachhaltigen Finanzierung: Hindernisse und positive Impulse für eine nachhaltige Finanzierung

WP 2: Zentralbankpolitik, staatliche Klima-/Finanzpolitik und der Finanzsektor

WP 3: Zivilgesellschaft und Klimafinanzierung

WP 4: Projektmanagement, Policy Innovation Lab (PIL), Dialoge mit Interessengruppen und Öffentlichkeitsarbeit.

Weitere Informationen

Bisherige Publikationen:

Schairer, S.; Fichtner, J.; Baioni, R.; Pereira de Castro, D.; Aguila, N.; Urban, J.; Haufe, P.; Wullweber, J. (2025). Shadow Carbon Financing: How offshore finance and shadow banking hamper the green transition and increase climate-related systemic risk. [tra:ce] Working Paper Series, No 1. Available at SSRN: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=5196946 

Fichtner, J.; Schairer, S.; Haufe, P.; Aguila, N.; Baioni, R.; Urban, J.; Wullweber, J. (2025). Channels of influence in sustainable finance: A framework for conceptualizing how private actors shape the green transition Finance and Society , Volume 11 , Issue 1 , pp. 56 – 80.

Aguila, N.; Wullweber, J. (2025): Legitimising green monetary policies: market liberalism, layered central banking, and the ECB’s ongoing discursive shift from environmental risks to price stability. In: Journal of European Public Policy, 32 (3), 665-696.

Aguila, N.; Wullweber, J. (2024): Greener and cheaper: green monetary policy in the era of inflation and high interest rates. In: Eurasian Econ Rev 14 (1), S. 39–60. https://doi.org/10.1007/s40822-024-00266-y 

Aguila, N.; Haufe, P.; Wullweber, J. (2024): The ecor as global special purpose money: Towards a green international monetary system to finance sustainable and just transformation. In: Sustainability Sciencehttps://link.springer.com/article/10.1007/s11625-024-01484-8

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