BMBF-Projekt PICo
Projektübersicht:
Das BMBF-Projekt „Professionelle Identität und Coping-Strategien von Pflegenden angesichts der Corona-Krise. Stärkung des pflegerischen Berufs als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen der Gesundheitsversorgung“ (PICo) beschäftigt sich mit den langfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die stationäre Altenpflege.
Vor der Pandemie gab es bereits eine Personal- und Ressourcenknappheit, die durch die Pandemie noch verschärft wurde. Sie führte zu weiteren Personalausfällen, vermehrtem Sterben von Bewohner:innen, strengen Hygieneauflagen und zusätzlicher Belastung für das Pflegepersonal. Es zeigen sich vermehrt Langzeiterkrankungen aufgrund von psychischen Belastungen wie Burn-out, posttraumatische Stressstörungen, Ängste und Depressionen.
Um diese Belastungen zu reduzieren, müssen Coping-Strategien eingesetzt werden. Das PICo-Projekt zielt darauf ab, Empfehlungen zu entwickeln, wie eine qualitativ hochwertige stationäre Altenpflege auch unter hohen Belastungen gewährleistet werden kann. Es werden dabei sowohl individuelle Strategien als auch strukturelle und gesellschaftliche Maßnahmen betrachtet.
Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Neben dem Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen der Universität Witten/ Herdecke ist das Institut für Pflegewissenschaft und –praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg als Projektpartner beteiligt.
Aktuelles bei PICo
Über das PICo-Projekt:
Worum geht es?
Obwohl es gesellschaftlich und politisch wenig umstritten ist, dass eine qualitative und hochwertige stationäre Altenpflege gewährleistet werden soll, ist weitgehend unklar, wie dies erreicht werden kann.
Bereits vor der Covid-19-Pandemie wurde die angespannte personelle und materielle Ressourcenlage in der stationären Altenpflege deutlich. Die Bundesagentur für Arbeit meldete 2021 unbesetzte Stellen in den Pflegeberufen. Während der Covid-19-Pandemie erlebten Pflegende in der Altenpflege weitere erhebliche Personalausfälle sowie Umverteilungen und häufiges Einspringen für erkrankte Kolleg:innen; zu den ohnehin erschwerten Bedingungen der täglichen Pflegetätigkeit kamen weitere physische und psychische Belastungen hinzu. Dazu gehören auch das vermehrte Versterben von Bewohner:innen, die aufwendige Versorgung von Infizierten unter strengen Hygieneauflagen sowie das Begleiten von Sterbenden oder Menschen mit Demenz ohne deren Angehörige.
Durch die Covid-19-Pandemie arbeiteten Pflegende in Altenheimen also unter nicht mehr nur unter angespannten, sondern bisweilen unter außerordentlich belastenden Bedingungen. Die besonders hohe psychische Belastung von Pflegenden in der stationären Altenpflege wurde bereits durch Studien ausgewiesen. Die Zahlen von Langzeiterkrankten mit psychischen Ursachen wie Burn-out, posttraumatischen Stressstörungen, Ängsten und Depressionen steigen weiterhin. Dies hat mitunter zu vermehrtem Berufsausstieg und Arbeitszeitreduktion mit teilweise prekären Arbeitsverhältnissen geführt.
Daneben müssen weitere Strategien zur Belastungsreduktion untersucht und im Idealfall gestützt werden. Darunter fallen Bewältigungsstrategien, die Personen einsetzen, um Probleme und Aufgaben gezielt lösen zu können und sich vor den Folgen der Belastungen zu schützen. Diese Coping-Strategien sollen die erlebte Belastung und den daraus folgenden inneren Spannungszustand reduzieren. In diesem Sinne kommt es in der Pflege auf eine Balance zwischen Selbstsorge (d. h. Strategien, die die eigenen Belastungen reduzieren und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen) und der Sorge um andere (d. h. die fürsorgliche Begleitung von Bewohner:innen) an.
Besonders angesichts der mentalen Belastung, die mit der Verrichtung pflegerischer Arbeit in der Covid-19-Pandemie einhergeht, sind jedoch nicht nur die Pflegenden gefragt, den beruflichen Alltag zu bewältigen. Es sind weitere Perspektiven und relevante Strukturen aufzugreifen, die auf die Möglichkeit zur Anwendung von Bewältigungsstrategien wirken. Hier sind einerseits die professionelle Identität Pflegender als stets präsenter Aspekt der eigenen Handlungen und Bewältigungsstrategien und andererseits die gesellschaftliche Wahrnehmung und die strukturellen Bedingungen zu nennen.
Was ist das Ziel?
Ziel des Projekts Professionelle Identität und Coping-Strategien von Pflegenden angesichts der Corona-Krise (PICo) ist es, Empfehlungen zu entwickeln, wie eine qualitativ hochwertige stationäre Altenpflege auch unter hohen Belastungen, wie sie sich in der Corona-Krise gezeigt haben, gewährleistet werden kann.
Diese Empfehlungen werden interdisziplinär und multiperspektivisch erarbeitet und als Szenarien dargestellt. Die Perspektive liegt dabei auf den Handlungen, die der Bewältigung individueller Belastungen dienen, und in der Frage, wie diese durch strukturelle und gesellschaftliche Maßnahmen nachhaltig bewahrt, geschützt und unterstützt werden können.
Wie soll das Ziel erreicht werden?
Verlauf des PICo-Projekts
Die Hauptfragestellung des Projektes lautet:
Welche Coping-Strategien haben sich angesichts der professionellen Identität von beruflich Pflegenden und der besonderen Belastungen durch die Corona-Krise kurz-, mittel- und langfristig bewährt und können bei zukünftigen Belastungsspitzen genutzt werden?
Das PICo-Projekt widmet sich den Herausforderungen aus zwei Perspektiven. Zum einen werden die beruflich Pflegenden, ihre Belastungen und Coping-Strategien als Binnenperspektive der Profession im Setting Altenheim fokussiert. Hierfür werden Pflegende mittels eines faktoriellen Surveys (FS) befragt. Der zweite Teil nutzt die Ergebnisse der ersten Untersuchung als Basis für ein zweischrittiges Konsensusverfahren. Die Ergebnis sollen dabei helfen, interdisziplinäre, multiperspektivische und szenarienbasierte Empfehlungen zu Coping-Strategien bei Belastungsspitzen zu entwickeln. Hierbei kommen qualitative Analyseverfahren zum Einsatz.
Parallel dazu soll die mediale, politische und gesellschaftliche Wahrnehmung des Berufes einbezogen werden.
Für beide Betrachtungsweisen ist die berufliche Identität der Pflegenden zentral. Diese ist zwischen Selbstanspruch, Binnenwahrnehmung, externen Ansprüchen und tatsächlich zu realisierender Alltagspraxis anzusiedeln. Zudem gilt es aus Sicht der Pflegenden, die Identität immer wieder zu behaupten. Durch diese breite Basis und Beteiligung verschiedener Akteur:innen soll gewährleistet werden, dass die szenarischen Empfehlungen aussagekräftig und breit konsentiert sind.
Veranstaltungen
Im Projekt sind zwei größere Veranstaltungen geplant. Sie gehen einher mit dem gezielten Diskurs des Projekts, seiner Ergebnisse und möglicher Szenarien in der Öffentlichkeit.
Ziel der virtuellen Expert:innenkonferenz ist es, das Kern-Set an Coping-Strategien weiterzuentwickeln. Das Set wird aus dem Faktoriellen Survey entnommen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Umsetzbarkeit und der Akzeptanz unter den Anwender:innen sowie auf hinderlichen und fördernden Faktoren.
Teilnehmende der Expert:innenkonferenz arbeiten in Kleingruppen und treffen sich dazuwischen mehrmals zu einem Austausch in der Gesamtgruppe. Die eingeladenen Expert:innen sollen als Meinungsträger:innen in die Diskussion kommen. Die Auswahlder Expert:innen orientiert sich daran, eine möglichst große Vielfalt von Personen zu gewinnen, die sich je nach Involviertheit, Partizipation und Engagement unterscheiden, aber auch in verschiedener Nähe/Distanz zum praktischen pflegerischen Verantwortungsbereich arbeiten und/oder Verantwortung für die Umsetzung übernehmen.
Angedacht ist, dass von jeder Ebene Expert:innnen teilnehmen:
- Mikroebene = praktisch Pflegende
- Mesoebene = praktisch Pflegende mit Personalverantwortung, leitende Pflegepersonen
- Makroebene = Träger-Vertreter:innen, Krankenkassenvertreter:innen
- Metaebene = Expert:innen für Coping-Stratiegien von Pflegenden in der stationären Altenpflege.
Weitere Infos in unserer Veranstaltungsübersicht.
Publikationen
Alle Projekt-Publikationen sind in der Hochschulbibliographie zusammengefasst.
Ansprechpartner:innen
Univ.-Prof. Dr.
Martin W. Schnell
Lehrstuhlinhaber
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: C-2.327a
Ass.-Prof.
Christine Dunger
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: C-2.326
Christopher Huken
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58448 WittenRaumnummer: 1.327a
Hendrik Watermann
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: 1.327a
Isabella D'Angelo, M. A.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik im Gesundheitswesen
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: 2.326
Weitere Mitarbeitende
Celia Kunkel
studentische Mitarbeiterin an der Universität Witten/Herdecke
Nadine Schüßler
Mitarbeiterin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Salzburg
Johanna Baumgartner-Dellinger
Mitarbeiterin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Salzburg